kurier.at - Der Säckler vom Traunsee

13.11.2016

Rudolf Daxner ist einer der bekanntesten Lederhosen-Macher Österreich. Seine Hirschlederne ist hohe Handwerkskunst, er verkauft sie in die ganze Welt. Kunden müssen allerdings viele Jahre Geduld haben.

Ein Bericht von Mag. Sandra Baierl

Der nächste Liefertermin ist Februar 2029. Das heißt konkret: Wer heute eine Hirschlederne bei Rudolf Daxner bestellt, muss sich länger als eine Dekade gedulden, bis er sie bekommt. Das Auftragsbuch des Säcklers aus Ebensee ist voll, auf der Warteliste stehen aktuell 400 Personen. Die Kunden kommen von überall her. "Viele Österreicher sind dabei, viele aus der Region, die sich so eine Hose als Anschaffung fürs Leben leisten. Aber auch Kunden aus aller Welt, von New York bis aus der Schweiz", sagt der Lederhosenmacher. Er habe einen Schweizer Kunden, der jedes Jahr eine Lederhose bestelle. Er komme dann auch in den Genuss, jedes Jahr eine geliefert zu kriegen.

Rudolf Daxner bezeichnet sich als geduldigen Menschen. Nachsatz: "Beim Hosenmachen." 180 bis 200 Stunden sitzt er an einem einzigen Stück. Er beginnt, wie ein Schneider: Zuschneiden, mit einem Mehlpapp-Kleber aus Roggenmehl und Wasser werden die Nahtstellen aneinandergeklebt ("das allein hält schon 50 Jahre", sagt Daxner), mit einer alten, eisernen Singer-Maschine wird die Hose zusammengenäht.

Dann kommt das eigentliche Kunsthandwerk: die Verzierung. Mit einer einfachen Nadel und einem Fingerring stickt Rudolf Daxner Muster in die Lederhose. "Bleameln und Ziernähte", wie es der Kunde wünscht. So entsteht etwa die bekannte "9-Nahtige", der Inbegriff hoher Lederhosenkunst mit viel Muster, vielen Ziernähten nebeneinander und vielen Stunden Handarbeit. Mit "9-Nahtige" ist die genaue Zahl, Anordnung und Kombination von Ziernähten und Blumen-Ornamenten gemeint, die so eine Lederhose auszeichnen. Die meisten Kunden würden bei Rudolf Daxner "die Drei-, Fünf-, oder Sieben-Nahtige" bestellen. Ein paar wenige wählen die höchste Klasse, die "9-Nahtige", erklärt Daxner. Sie kostet bis zu 10.000 Euro.

Hirsch aus OÖ

Natürlich wird für die Herstellung der Lederhose nur das feinste Hirschleder verwendet. Das sämisch gegerbte Leder kommt tunlichst aus Oberösterreich. Manchmal auch aus Bayern. Rund zehn Monate muss Daxner warten, bis er bekommt, was er als Rohstoff braucht: Leder von 20 bis 30 Hirschen. "Die Wartezeit ist lang, aber dafür krieg ich die Qualität, die ich brauche", erklärt Daxner. Er zeigt uns den Stoß der Lederhäute: dunkle, mittelbraune, graue, hellbeige - alle auf ihre Art verschieden. Kunden suchen sich das Leder aus, das ihnen gefällt. Bei einer Kniebundhose wird die Haut von zwei Hirschen gebraucht. Dazu wählen sie die Farbe der Stickseide. Der Schnitt, der für jeden Kunden individuell gezeichnet wird, ist traditionell jener der Erzherzog-Johann-Hose: sie reicht bis zur Kniesscheibe, ist möglichst eng und in Röhrenform. Mit Hosenlatz, Messertasche an der rechten Seite (in Ausnahmefällen macht Daxner die Tasche auch links) und mit Hirschhornknöpfen an Bund und Knie. An Gesäß und Schenkel dehnt sich das Leder und passt sich damit beim Tragen an den Kunden an.

Aber wie weiß man heute, welche Figur man 2029 hat? "Bis zu acht Kilo auf oder ab sind drin, weil das Leder sich dehnt und nachgibt", erklärt Daxner. Außerdem ist hinten ein sogenannter Schlitzfleck eingebaut, eine Art Zwickel, durch den man die Weite des Lederhosen-Bundes verstellen kann. Die perfekte Lederhose sei ein Kleidungsstück für Generationen. Ein Stück zum Vererben. Daxner zeigt eine 90-Jährige, die er reparieren soll: viel Patina, feines, weiches Leder, keine Flecken. Denn: "In eine Lederhose wischt man nichts rein, schon gar keine fettigen Finger", sagt Daxner streng.

Der Chef macht's

Rudolf Daxner arbeitet 80 Stunden die Woche. Mehr geht nicht. Im Verkauf und bei der Buchhaltung hilft seine Ehefrau mit. Sonstige Unterstützung bei so einem vollen Auftragsbuch? Die gibt es leider nicht. Daxner erzählt, dass er probiert hätte, mit anderen zu arbeiten, aber sie bekämen das einfach nicht so hin wie er. "Das Sticken der Verzierung ist wie eine Handschrift. Der eine krakelt, der andere hat ein schönes Schriftbild", so Daxner. Vor ein paar Jahren hätte er versucht, einen Lehrling aufzubauen. Auch das habe nicht funktioniert. Weshalb er ein Ein-Mann-Betrieb ist und es vorerst auch bleibe. Vielleicht würden eines seiner Kinder einmal übernehmen, aber das sei offen. Und so gehen sich derzeit eben nicht mehr als zwei Dutzend Lederhosen im Jahr aus.

Rudolf Daxner selbst hat das Handwerk "von den Ahamers gelernt. Der Ahamer Peter senior hat hier 1932 eröffnet. Sein Sohn hat übernommen und ich habe hier die Lehre gemacht", erzählt Rudolf Daxner. Nach 17 Jahren habe er den Betrieb dann übernommen, weil es sonst keinen Nachfolger gab. "Aber wenn ich die Stickerei nicht so hingekriegt hätte, wie sie sein soll, hätte ich das Geschäft nicht übernommen", so Daxner. Er ist ein Perfektionist, wenn es um Lederhosen geht.

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