kurier.at - Die Oma wars

08.06.2023

DIE OMA WAR'S.

Das sämisch gegerbte Hirschleder (Bild rechts oben) bezieht er von Gerbereien aus der Region. An den Stickereien arbeitet der Meister bis zu 200 Stunden
Das sämisch gegerbte Hirschleder (Bild rechts oben) bezieht er von Gerbereien aus der Region. An den Stickereien arbeitet der Meister bis zu 200 Stunden

Punkto Berufswahl war's für Rudolf Daxner aus Ebensee die Oma. Denn die brachte den damals 13,5 Jahre alten Enkel auf die Idee, es doch mit der Lederhosenmacherei zu versuchen. Wobei dies den Ambitionen des jungen Mannes durchaus entgegenkam. "Ich wollte immer etwas mit den Händen machen", erzählt Daxner. Gesagt, getan. 1995 begann Rudolf Daxner seine Lehre bei Peter Ahamer in seinem Heimatort Ebensee. Schließlich machte er die Meisterprüfung und übernahm 2012 das Geschäft. Seine erste Investition als frisch gebackener Unternehmer: ein Drehsessel, "weil ich meine ganze Lehrzeit auf einem alten Stockerl sitzen musste". Sonst blieb er den alten Traditionen treu. Daxner produziert vorwiegend Lederhosen aus sämisch gegerbtem Hirschleder und bestickt sie in Handarbeit. Wobei der Preis einer Hosen eben dem Leder von der sogenannten Auszier abhängt. Konkret versteht man darunter die Anzahl der handgestickten Ziernähte entlang der seitlichen Hosennaht und der Blumen und Muster auf der Vorderseite. Bei Ersteren gibt es 3-,5-,7-, und 9-nahtige Varianten, die vom Meister gestickt werden.

MUSTER AUS DEM 18. JAHRHUNDERT.

Für die Blumen und Muster benutzt er Schablonen (Daxners älteste stammen aus dem frühen 18.Jahrhundert), die auf das Leder aufgelegt, mit Kreidestaub bestäubt und – damit sich der Abdruck nicht verwischt – mit Gummiarabikum nachgezeichnet werden. Danach wird entlang der vorgezeichneten Linien gestickt. Daxner: "Beim Handsticken entsteht ein kleiner Wulst, der den Faden schützt." Und dass dies alles nicht ruckzuck fertig ist, liegt auf der Hand. An einer mehrnahtigen und reich bestickten Hose sitzt der Meister bis zu 200 Stunden.

DER PREIS IST FÜNFSTELLIG.

Was sich auch im Preis des guten Stücks niederschlägt. Ein ganz einfaches Model ist so um die 4.000 bis 5.000 Euro zu haben, für ein reich Besticktes ist schon ein fünfstelliger Betrag zu veranschlagen. Was noch dazu kommt: Der Kunde muss reichlich Geduld haben. Arbeitet doch Daxner derzeit Aufträge aus dem Jahr 2010 ab. Bevorzugt wird niemand, da ist der Meister strikt. "Jeder muss warten, bis er an der Reihe ist. Egal ob Arbeiter oder Millionär." Einzige Ausnahme: seine Familie.

MEHR ALS ZEHN JAHRE WARTEZEIT.

Die Kunden nehmen die Wartezeit jedenfalls in Kauf und warten geduldig auf ihre Lederne. Wobei viele aus der Region kommen, aber auch aus Deutschland, der Schweiz oder Frankreich. "Einer reiste sogar mit dem Privatjet an und verstellte mit seinem Luxuswagen den Nachbarn die Garagenausfahrt", erzählt Daxner schmunzelnd. Nachsatz: "Aber auch der musste warten." Für die Stickerei verwendet Daxner nur grüne Seide und lehnt eigenwillige Sonderwünsche weitgehend ab. Denn die Hosen sollen der Tradition entsprechen und sind gleichzeitig auch das Markenzeichen des jeweiligen Machers. Oder anders ausgedrückt: Art und Qualität der Stickereien sind die unverkennbare Handschrift des Produzenten. "Und da habe ich einen Ruf zu verlieren", meint Daxner, "und ich will mich außerdem nicht lächerlich machen." 

FREUDE AM BERUF.

Ein Nachfolger wird jedenfalls derzeit noch nicht gesucht. Denn da will Daxner noch abwarten, ob eines seiner Kinder den Betrieb übernehmen will. Bis dahin will er weiterarbeiten. "Mit großer Begeisterung und Freude. Denn der Beruf macht mir einfach Spaß", sagt Daxner. Und das nimmt man ihm auch ab.

FOTOS & ARTIKEL von HERBERT GARTNER (Kurier) 2023